Die Theorie vorneweg: Was ist eigentlich eine Prozesslandkarte? Die Prozesslandkarte ist ein Modell des Unternehmens, also ein vereinfachtes Abbild der Wirklichkeit.
Sie umfasst dementsprechend nicht alle Eigenschaften des Unternehmens. Stattdessen fokussiert sie sich auf die relevanten Aspekte. Welche Aspekte relevant sind, hängt im Wesentlichen von drei Faktoren ab:
1. Das Ziel: Wozu wird die Prozesslandkarte genutzt?
Eine gute Prozesslandkarte erfüllt vor allem zwei Ziele:
- Sie hat einen didaktischen Wert, indem sie das Geschäftsmodell und die strategischen Zusammenhänge im Unternehmen veranschaulicht.
- Sie dient als Navigationsoberfläche im Managementsystem, mit der Nutzer schnell und einfach von den einzelnen Prozessen bis auf die Ebene der Arbeitsanweisungen, Formulare und Wissensseiten gelangen.
2. Der Adressat: An wen richtet sich die Prozesslandkarte?
Ein Managementsystem sollte eine Arbeitshilfe für alle Mitarbeiter sein – nicht nur für QM-Beauftragte, Auditoren und Geschäftsführung. Darum sollte die Prozesslandkarte allen Nutzern einen einfachen Einstieg in das Managementsystem ermöglichen.
3. Der Zeitfaktor: Bildet die Prozesslandkarte Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft ab?
Für den Arbeitsalltag der Mitarbeiter ist weder die Vergangenheit noch die Zukunft relevant: Hier sind aktuelle Hilfestellungen gefragt. Darum sollte die Prozesslandkarte den gegenwärtigen Ist-Zustand abbilden.
Wie lassen sich all diese Aspekte und Ziele nun erfolgreich in einer Prozesslandkarte vereinen?
Eine saubere Unterteilung in die unterschiedlichen Arten von Prozessen ist wichtig. Denn so vermittelst du sowohl das übergeordnete Ziel des jeweiligen Prozesses als auch den entsprechenden „Kunden“. Neben den externen Endkunden gibt es nämlich auch interne Kunden. Ein Beispiel: Die Personalabteilung stellt nur indirekt Mitarbeiter ein, die den Endkunden glücklich machen. Zunächst einmal sucht sie im Auftrag der jeweiligen Abteilung nach neuen Kollegen – diese Abteilung ist der direkte interne Kunde.
Häufig sind die Kernprozesse über viele Jahre hinweg wie ein Flickenteppich gewachsen – es besteht keine vollständige und zusammenhängende Prozesskette. Dabei ist diese wichtig, um die Parallelen und Chronologien der Prozesse zu visualisieren. Denn nur so werden Schnittstellen zwischen Abteilungen sichtbar, die das abteilungsübergreifende Denken fördern. Definiere also eine zusammenhängende Kernprozesskette: Beginne beim Eingang der Kundenanfrage und ende bei der Auslieferung der gewünschten Dienstleistung oder des gewünschten Produktes.
Beim Betrachten der Prozesslandkarte und insbesondere der Kernprozesskette sollte sofort klar werden, wie dein Unternehmen sein Geld verdient und wie es grundsätzlich ausgerichtet ist. Bist du Individualfertiger und entwickelst jedes Produkt entsprechend der Kundenanforderungen? Dann musst du zuerst Kunden gewinnen, bevor du mit der Entwicklung und Produktion beginnst. Oder bist du ein Serienfertiger und produzierst auf Lager? Dann produzierst du zuerst ein Produkt und vertreibst es anschließend. Erbringst du verschiedene Leistungen empfiehlt es sich, mehrere parallele Kernprozessketten abzubilden. Bei Handelsunternehmen ist die Beschaffung Teil der Kernprozesskette, in einem produzierenden Unternehmen ist sie ein Unterstützungsprozess – passe deine Prozesslandkarte entsprechend an.
Es mag naheliegend erscheinen, Prozesse nach den verschiedenen Abteilungen eines Unternehmens zu benennen. Dies fördert jedoch das „Silo-Denken“ der einzelnen Abteilungen, das es eigentlich aufzulösen gilt: Optimiert jede Organisationseinheit nur die eigenen Teilprozesse, nicht aber den abteilungsübergreifenden Gesamtprozess, hat das im schlimmsten Fall negative Folgen für das gesamte Unternehmen. Speziell die einzelnen Schritte der Kernprozesskette sollten darum mit Subjekt und Verb benannt werden: beispielsweise „Kunden gewinnen“ statt „Vertrieb“. Auf diese Weise werden sowohl das übergeordnete Prozessziel als auch der gesamte Kreis der Adressaten deutlich. Schließlich ist zum Überzeugen des Kunden oftmals ein Zusammenspiel von Marketing, Vertrieb, Produktion sowie Entwicklung notwendig.
Die Modell Aachen GmbH hat eine Studie zur Usability von Prozesslandkarten durchgeführt. Das Ergebnis: Eine überschaubare Anzahl von Elementen ist entscheidend für die Nutzerfreundlichkeit. Die Grenze liegt bei maximal sechs Elementen je Kategorie, also jeweils sechs Elementen bei den Führungsprozessen, Kernprozessen und Unterstützungsprozessen. Alle Sonderfälle, Leistungsketten sowie Wechselwirkungen in der Prozesslandkarte abzubilden ist grundsätzlich zwar möglich, im Sinne der Usability jedoch nicht ratsam.
Viele QM-Handbücher dienen ausschließlich als Grundlage für Zertifizierungen, meist verwenden dann nur Geschäftsführung, Qualitätsmanagement und Auditoren die Prozesslandkarte. Ein Ziel des Managementsystems ist es jedoch, eine Arbeitshilfe für alle Mitarbeiter zu schaffen. Frage darum alle Kollegen nach ihrem Feedback, um eine adressatengerechte Prozesslandkarte zu erstellen: Findet sich jeder auf der Prozesslandkarte zurecht?
Als Grundlage für die Prozesslandkarte hat sich das Aachener Qualitätsmanagement-Modell bewährt, das eine klare und einfache Struktur mit hohem Wiedererkennungswert vorgibt. Viele andere Modelle eignen sich aufgrund ihrer Eigenschaften weniger:
Mit diesen 7 Tipps visualisierst du das Erfolgsrezept deines Unternehmens und erstellst gleichzeitig einen übersichtlichen Wegweiser für dein Managementsystem – dieser ist entscheidend für die Akzeptanz des Systems! Außerdem beeinflussen beide Faktoren die Prozesse in deinem Unternehmen positiv. Denn alle Mitarbeiter finden notwendiges Wissen im Arbeitsalltag schnell und einfach, gleichzeitig sind abteilungsübergreifende Zusammenhänge für jeden klar ersichtlich. Auf diese Weise schaffst du den Grundstein für eine gemeinsame Optimierung deiner Prozesse von A bis Z, anstatt dass jede Abteilung nur ihre eigenen Prozessschritte im Blick hat.
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