Freitag der Dreizehnte – oder warum Auditmanagement unter einem schlechten Stern steht. So entkommst du dem Fluch!

Peter Auer

Von

Peter Auer

Veröffentlicht am

15.10.2024

Freitag der Dreizehnte – oder warum Auditmanagement unter einem schlechten Stern steht. So entkommst du dem Fluch!

Lange Nächte für das Zertifikat

Es ist Freitag der 13. und das spürt man. Bis spät in die Nacht gingen die Vorbereitungen für das, was heute kommt. Das mittelständische Unternehmen im Süden Deutschlands umfasst etwa 500 Mitarbeiter. Schon lange ist das Unternehmen OEM (Original Equipment Manufacturer) für einen bekannten deutschen Automotive Konzern. Heute ist der Tag, an dem der QM-Audit-Jahresplan das interne Audit im Einkauf vorsieht. Unzählige Stunden wurden in die Vorbereitung investiert. Sowohl auf Seiten der Auditoren als auch auf Seiten der Auditierten.

Pünktlich um 08:00 Uhr schreiten Lead- und Co Auditor aus dem Qualitätsbüro und gehen schnurstracks in die erste Etage des Bürogebäudes. Angekommen im Reich des Einkaufs steht die Leiterin des Einkaufs schon bereit. Die grauen Ringe unter ihren Augen deuten darauf hin, dass auch sie bis spät in die Nacht daran gearbeitet hat, ihre Abteilung für den heutigen Tag auditkonform vorzubereiten. Gekonnt zücken die beiden Auditoren den Fragenkatalog heraus. Dieser ist ein Standardwerk – die Autoren sind natürlich im Qualitätsmanagement (QM) angesiedelt.

Das Katz und Maus Spiel beginnt. Während die ersten Fragen seitens des Einkaufs noch zufriedenstellend beantwortet werden konnten, so wendet sich das Blatt in der zweiten Hälfte des Audits. Einer der C-Lieferanten hat offene Maßnahmen mit überschrittener Deadline zu verzeichnen. Dies sieht das QM so nicht vor. Mutig stürzen sich die Auditoren auf diese Unregelmäßigkeit. Die unterschiedlichen Sichtweisen des Einkaufsleiters und der QM-Abteilung führen zu angeregten Diskussionen. Zum Schluss muss eine der beiden Seiten verlieren. Die Abweichung ist notiert! Die Auditoren sind zufrieden.

Der lange Rattenschwanz, den eine solche Abweichung nach sich zieht, ist allen Beteiligten bewusst.  Sowohl im Einkauf als auch im Qualitätsmanagement werden unzählige Stunden für die Bearbeitung der Abweichung aufgewendet. Sogar benachbarte Abteilungen wie Logistik und Entwicklung sind damit beschäftigt. Viel Zeit, welche gut für weitaus wichtigere Dinge verwendet werden könnte, zieht ins Land.  Fehlende gemeinsame Sichtweisen zwischen Einkauf und Qualitätsmanagement in diesem Punkt führen zu Missstimmungen. Daraus resultieren erschwerte Bedingungen in fast allen Nuancen der Zusammenarbeit dieser Personen, die eigentlich an einem Strang ziehen sollten, um den Unternehmenserfolg bestmöglich zu unterstützen. Zum Schluss hat jeder verloren. Das Unternehmen. Das Qualitätsmanagement. Der Einkauf. Aber vor allem die Menschen. Freitag der 13. scheint kein guter Tag zu sein.

So oder so ähnlich läuft der Auditalltag in den meisten Unternehmen ab. Vermutlich ist diese Situation während des Lesens dieses Artikel in irgendeinem Unternehmen gerade Realität. Scheinbar scheint es für die oben angeführten Probleme keine Lösung zu geben. Doch - Die gibt es! Und zwar dann, wenn man Auditmanagement anders denkt.

Den guten Weg finden

Ich habe knapp 17 Jahre im Qualitätsmanagement im Automotive-Sektor, Medizinsektor und in der weißen Ware (Haushaltsgeräte), vorwiegend in strategisch relevanten Führungspositionen gearbeitet. Über viele Jahre beschäftigte ich mich damit, das globale Qualitätsmanagement eines namhaften deutschen Unternehmens organisatorisch und strategisch zu entwickeln. Ein Teil davon war die vollumfängliche Entwicklung des Auditmanagements. Aufgrund meiner Erfahrungen mit Auditmanagement im Automotiv und Medizinbereich, welche sich stark mit dem oben beschriebenen Negativszenario decken, war für mich klar, dass das System von Grund auf neu gedacht werden musste. Meine Vision hierbei war es, ein neuartiges System zu schaffen und das Auditmanagement so zu gestalten, dass es für das Unternehmen möglichst effizient ist und für die Menschen eine Bereicherung darstellt.

Hand in Hand zum neuen Auditmanagement  

Im Folgenden möchte ich die wesentlichsten zur Zielerreichung erforderlichen Elemente anführen:

Der Auditfragenkatalog:

Für mich war klar, dass der Auditfragenkatalog für die verschiedenen Prozesse keinesfalls aus dem Qualitätsmanagement kommen darf. Die wohl besten Autoren für einen Fragenkatalog zu den verschiedenen Aufgaben können doch nur die Prozessverantwortlichen selbst sein. Denn diese beschäftigen sich jeden Tag mit ihrem Aufgabengebiet. Diese Menschen wissen doch am allerbesten, was wichtig ist. Neben der Tatsache, dass die Fragenkataloge, wenn sie in den Fachbereichen selbst entstehen, wohl um einiges besser sind, so sind diese auch automatisch innerhalb der Fachbereiche akzeptiert, wenn sie nicht von außen kommen. Denn Menschen widersprechen sich (oder ihren Fragenkatalogen) nicht gerne selbst.  

Das Auditoren Team:

Wenn das Auditoren-Team ausschließlich aus dem Qualitätsmanagement kommt, dann hat jedes Audit automatisch den Charakter von Räuber und Gendarm. Der eine versucht ein Verbrechen aka Abweichungen aufzudecken, der andere versucht es zu vertuschen.  Somit war für mich klar, dass der Lead Auditor immer die oder der Fachbereichsverantwortliche ist.  Der Lead Auditor entscheidet, ob eine Abweichung vorliegt oder nicht. Diese Person kann am besten einschätzen, wo wirklich eine relevante Abweichung vorliegt. Menschen sind im Grunde bestrebt gut zu sein. So auch Fachbereichsverantwortliche. Wenn also eine Abweichung das Gesamtergebnis (für das die Fachbereichsverantwortlichen verantwortlich sind und an dem sie gemessen werden) gefährdet, wird der Lead Auditor - und damit die einzelnen Fachbereiche - das Audit als Werkzeug schätzen lernen, mit dem sein Verantwortungsbereich positiv weiterentwickelt wird.  

Die Maßnahmenverfolgung:

Die Maßnahmenverfolgung von Audits ist meistens ein für alle Seiten sehr anstrengender Prozess. Teilweise werden Abweichungen von den Fachabteilungen von vornherein nicht akzeptiert und somit sind auch die Maßnahmen von vornherein nicht angenommen.  Für die Bearbeitung nicht akzeptierter Maßnahmen fehlen immer die Ressourcen.  Menschen investieren nur ungern Arbeit in Dinge, die sie nicht verstehen oder die aus ihrer Sicht keinen Sinn machen. Ein ständiger Kampf zwischen QM und den weiteren Fachabteilungen. Durch die Tatsache, dass bereits der Auditfragenkatalog auf die wirklich wichtigen Dinge der Fachbereiche abzielt und durch die Tatsache, dass der Lead Auditor, der die Abweichung geschrieben hat, eben nicht aus einem Fremdbereich (wie etwa dem QM) kommt, sind die Maßnahmen bei den Stakeholdern üblicherweise von vornherein akzeptiert. Der Fachbereich selbst wird die Maßnahmen eigenständig und in der relevanten Timeline abarbeiten. Eine Kontrolle von außen ist so gut wie nicht nötig. Das spart enorm viel Zeit, Bürokratie und Energie.

Die Königsdisziplin – Das Unternehmen Befähigen, Qualität zu machen:

Ist dir etwas aufgefallen? Durch die oben angeführte Vorgehensweise haben wir nicht nur einen effizienteren Ablauf im Auditmanagement geschaffen, wir haben die Verantwortlichen aus den Fachbereichen automatisch zu Mitarbeitern des Qualitätsmanagements gemacht. Und dass nur dadurch, dass wir ihnen Verantwortung für qualitätsrelevante Aufgaben übertragen haben. Am Ende sorgt nicht das Qualitätsmanagement selbst für die Qualität im Unternehmen, sondern es befähigt das Unternehmen, Qualität zu schaffen. Dies ist die Königsdisziplin. Und genau das haben wir hiermit getan.

Auch wenn die oben beschriebenen Vorgehensweisen dem Leser dieses Artikels vermutlich sinnhaft vorkommen, so ist die Umsetzung eines solchen Szenarios in der Praxis, sehr herausfordernd.  Es lohnt sich aber.  

Zu alte Strukturen und "das haben wir immer schon so gemacht"? Diese Einwände habe ich vielfach bekommen. Besonders von den Auditoren, die teilweise Jahrzehnte Audits durchgeführt haben. Ohne den Status quo zu hinterfragen und das Umdenken anzuregen, wird ein Umschwung nicht gelingen.  

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