In der Welt des Qualitätsmanagements stehen Unternehmen oft vor der Herausforderung, die etablierten Abläufe und Dokumentationen in moderne digitale Lösungen zu überführen. Doch bevor man diese Schritte geht, sollte man sich fragen: Bringt es wirklich den gewünschten Mehrwert, wenn bestehende Prozesse eins zu eins digitalisiert werden? Diese Frage ist entscheidend für Qualitätsmanager und Geschäftsführer, die vor der Einführung eines neuen Managementsystems stehen.
Die Falle der 1:1-Überführung
Es ist ein nachvollziehbarer Reflex: Man möchte das Bewährte erhalten und gleichzeitig von den neuen technologischen Möglichkeiten profitieren. Dieser Ansatz birgt das Risiko, alte Ineffizienzen und Unzulänglichkeiten einfach nur in ein neues Format zu übertragen. Wenn die bestehende Dokumentation oder das aktuelle Prozessmanagement nicht die gewünschten Ergebnisse liefern, warum sollte dann allein die Digitalisierung eine Verbesserung bringen?
Das alte System wurde oft in einer Zeit entwickelt, in der der Fokus vor allem auf Nachweisdokumentation und Zertifizierung lag. Aber ist das wirklich noch zeitgemäß?
Die Chance für Neubeginn und Optimierung
Ein neues System eröffnet eine Gelegenheit, nicht nur den Schritt in die Digitalisierung zu machen, sondern auch den aktuellen Stand zu überdenken, zu optimieren und letztendlich effektiver zu gestalten. Dabei sollten immer folgende Fragen im Fokus stehen:
Indem man diese Fragen beantwortet, können die eigentlichen Bedürfnisse und Herausforderungen innerhalb einer Organisation identifiziert werden. Vielleicht liegt es an der Benutzerfreundlichkeit, möglicherweise ist eine zu große Lücke zwischen Realität und Dokumentation oder das Image "QM übernimmt das schon für mich" hat sich zu stark in den Köpfen festgesetzt.
Das Ziel: Ein System, das tatsächlich genutzt wird
Sehr häufig höre ich in Gesprächen: „Wir möchten ein System, das lebt und von unseren Mitarbeitern genutzt wird.“ Die Vorteile und Einsparpotenziale, die aus diesem Ziel hervorgehen, sind meist klar, der Weg dahin eher nicht. Um ein lebendiges Managementsystem im gesamten Unternehmen zu etablieren, ist es daher umso wichtiger, die alten Inhalte nicht einfach in eine digitale Hülle zu stecken. Unser Ziel sollte es sein, ein System zu implementieren, das nicht nur eine digitale Kopie der Vergangenheit ist, sondern eine Lösung, die aktiv und gerne von allen Beteiligten genutzt wird. Dafür müssen wir die Nutzer in den Mittelpunkt stellen und verstehen, was sie benötigen, um ihre Arbeit effektiv und effizient zu gestalten.
Schritte zu einem Umfeld, das die Nutzung des Managementsystems fördert:
Zusammenarbeit und Kommunikation als Schlüssel
Ein Schlüsselfaktor für den Erfolg ist die enge Zusammenarbeit mit allen Beteiligten. Es ist wichtig, sich immer bewusst zu sein, dass es die täglichen Prozesse der Kollegen sind, mit denen gearbeitet wird. Die Mitarbeiter sind Experten für ihre eigenen Prozesse. Eine sorgfältige Dokumentation kommt letztlich allen zugute und schafft Mehrwert. Die Aufgabe liegt darin, diesen Mehrwert zu kommunizieren und die Kollegen auf diesem Weg zu unterstützen. Durch die Organisation von Workshops, die Durchführung von Umfragen und die Förderung der direkten Kommunikation kann ein tiefes Verständnis für die täglichen Herausforderungen der Teams entwickelt werden. Dieses Wissen ermöglicht es, ein System zu gestalten, das praktischen Nutzen im Arbeitsalltag bietet. Eine erhöhte Identifikation führt gleichzeitig zu einer intensiveren Interaktion mit den Inhalten.
Neues Qualitätsmanagementsystem? Chancen nutzen, nicht nur digital, sondern auch strukturell
Die Einführung eines neuen Qualitätsmanagementsystems bietet eine großartige Gelegenheit, über den Tellerrand hinauszuschauen und nicht nur digitale sondern auch strukturelle Verbesserungen vorzunehmen. Deshalb sollte man den Mut haben, alte Zöpfe abzuschneiden und nicht den Fehler machen, „alten Wein in neuen Schläuchen“ zu servieren. Stattdessen gilt es die Chance zu nutzen, um Prozesse und Dokumentationen so zu gestalten, dass sie den aktuellen Anforderungen und Bedürfnissen gerecht werden und von allen Beteiligten als echte Bereicherung im Arbeitsalltag wahrgenommen werden.
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Um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben, führt kaum noch ein Weg an der Digitalisierung der wertschöpfenden Kernprozesse vorbei – das haben die meisten Unternehmen längst erkannt.