In der heutigen Geschäftswelt, in der die Dynamik und der Wettbewerb stetig zunehmen und die Anforderungen an Qualität und Effizienz immer höher werden, spielen definierte Prozesse eine immer entscheidendere Rolle für den Erfolg eines Unternehmens. Eine Organisation kann nur flexibel auf neue Anforderungen des Marktes reagieren, wenn sie dies von einer definierten Basis aus angeht.
Mittlerweile arbeite ich seit beinahe 30 Jahren in der Automobilindustrie bei namhaften Herstellern von Komponenten und Modulen. Einen großen Teil dieser Zeit habe ich im Bereich des Qualitätsmanagements verbracht und es bis zum global verantwortlichen Leiter des QM - Bereiches gebracht. Meine Erfahrung hat mir gezeigt, dass die Etablierung und konsequente Anwendung von geregelten Prozessen nicht nur eine Verpflichtung für eine erfolgreiche Zertifizierung sind, sondern vielmehr eine grundlegende Basis für den Unternehmenserfolg darstellt.
Ein zentrales Element im Qualitätsmanagement ist zum Beispiel das Management Review. Eine Anforderung, die das Unternehmen dazu zwingt, in regelmäßigen Abständen die Wirksamkeit ihres Managementsystems kritisch zu hinterfragen. In meiner beruflichen Laufbahn habe ich oft erlebt, wie diese Reviews zunächst als formale und lästige Übung wahrgenommen wurden. Der Zweck war hauptsächlich die Einhaltung von Normen zu dokumentieren. Es war also notwendig, der Organisation den Nutzen eines Managementsystems über den Erhalt eines Zertifikats hinaus zu vermitteln. Die Herausforderung bestand darin, den ökonomischen Mehrwert eines gelebten Systems für alle Bereiche zu erarbeiten.
Durch die Implementierung einer prozessorientierten Ablauforganisation und die Konzentration auf die Definition effektiver und effizienter Schnittstellen konnten wir die Reviews nutzen, um das Managementsystem nicht nur zu validieren, sondern es als Instrument zur Förderung des finanziellen Erfolgs des Unternehmens zu etablieren. Ein Management Review wurde somit zu einer Gelegenheit, bei der die Prozesseigner zusammenkamen, um sich auf ökonomisch relevante KPIs zu einigen, die die finanzielle Gesundheit und den Erfolg des Unternehmens widerspiegeln. Diese strategische Ausrichtung ermöglichte es dem Top-Management, die Auswirkungen des Qualitätsmanagementsystems auf die finanzielle Leistungsfähigkeit der Organisation klar zu sehen und zu bewerten, was die Bedeutung und den Wert dieser Reviews erheblich steigerte.
Mit dieser Interpretation konnten wir den Bereich QM aus dem Schattendasein als Polizist und Mahner in der Organisation zu einem geschätzten Partner für andere Bereiche transformieren. Erst die gemeinsame unternehmerische Sicht auf die Ergebnisse und die Fokussierung auf das monetäre Ergebnis und die Kundenzufriedenheit führten zur Akzeptanz des Managementsystems.
Die Anwendung definierter Prozesse in der Praxis zeigt sich auch besonders eindrucksvoll im Umgang mit Kundenreklamationen in der Automobilindustrie. Als verantwortlicher Qualitätsmanager erlebte ich oft Situationen, die die Bedeutung einer gut strukturierten Containment Action unterstreichen. Wenn ein Kunde einen Mangel reklamierte, der einen Produktionsstillstand zur Folge haben könnte, musste schnell gehandelt werden. Die Herausforderung bestand darin, die Lieferkette umgehend mit zertifiziertem Material zu versorgen, um dann im Anschluss eine sorgfältige Analyse der Ursache und permanente Korrekturmaßnahmen zu etablieren.
Das Risiko einer schnellen Containment Action ist immer, die unbeabsichtigte Möglichkeit eines neuen Fehlers. Wir haben uns dazu einer Checkliste bedient, welche einer Erstbemusterung sehr nahekam. Das Wichtigste war die Durchführung einer kurzen FMEA, um das Risiko der Abweichung vom Standardprozess neu zu bewerten. Es gilt hier die Regel, dass Abweichungen vom etablierten Prozess immer das Fehlerrisiko erhöhen. Wir konnten immer zeitnah den Kunden mit zertifizierter Ware beliefern und uns dadurch Zeit für die Korrektur der Ursache „kaufen“.
Dieser Ablauf der strukturierten Problemlösung illustriert, dass eine durchdachte Vorgehensweise, die auf klaren Prozessen basiert, nicht nur potenzielle Schäden minimiert, sondern auch das Vertrauen der Kunden in die Zuverlässigkeit und Professionalität des Unternehmens stärkt.
Ein weiteres Beispiel, dass die Bedeutung von definierten Prozessen unterstreicht, ist oft der Rechnungsstellungsprozess. In vielen Unternehmen wird die schlechte Zahlungsmoral der Kunden als Problem wahrgenommen. Doch bei näherer Betrachtung liegt die Ursache häufig in internen, schlecht definierten Prozessen. Ein effizienter "End to End"-Prozess, der mit dem Angebot beginnt und sich über die Auftragsabwicklung bis hin zur Rechnungsstellung und Buchführung erstreckt, ist entscheidend für die Aufrechterhaltung der Liquidität des Unternehmens.
Durch die Optimierung dieses Prozesses, insbesondere durch die Vermeidung von Datenbrüchen und die Minimierung von Zeitverlusten an den Schnittstellen zwischen den Abteilungen, konnten wir nicht nur die Zahlungsmoral unserer Kunden verbessern, sondern auch die interne Effizienz steigern. „Cash ist King“ und unsere offenen Rechnungen wurden früher auf dem Konto gutgeschrieben.
Dieses Vorgehen verdeutlicht, wie essenziell klare, gut definierte Prozesse sind, um den finanziellen Fluss innerhalb eines Unternehmens zu sichern und gleichzeitig eine solide Basis für die Kundenbeziehung zu schaffen.
Aus diesen Erfahrungen lassen sich wertvolle Tipps für die tägliche Praxis ableiten:
Abschließend lässt sich sagen, dass die Anwendung definierter Prozesse weit mehr ist als eine formale Anforderung. Sie ist ein wesentlicher Baustein für den langfristigen Erfolg und die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens. In einem Unternehmen können die Prozessbeschreibungen wie die Adern und Nervenbahnen eines Organismus verstanden werden. Durch regelmäßige Impulse und Anwendung wird ein Organismus stärker und resilienter. Eine Weiterentwicklung kann auf einer gesunden Basis leichter stattfinden. Durch die konsequente Umsetzung und ständige Verbesserung der Prozesse können Unternehmen nicht nur ihre Effizienz und Produktivität steigern, sondern auch eine starke Basis für nachhaltiges Wachstum schaffen.
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